Das Arbeitszeugnis gehört zu den Dokumenten, die im Berufsleben eine erstaunlich große Bedeutung haben – und das über viele Jahre hinweg. Egal, ob du Azubi warst, in Teilzeit gearbeitet hast oder eine Vollzeitstelle hattest: Am Ende deines Arbeitsverhältnisses hast du Anspruch auf ein Zeugnis. Es bestätigt offiziell, dass du für einen bestimmten Zeitraum in einem Unternehmen tätig warst.
Dabei wird häufig zwischen zwei Varianten unterschieden: dem qualifizierten und dem einfachen Arbeitszeugnis. Während das qualifizierte Arbeitszeugnis zusätzlich eine Bewertung deiner Leistungen und deines Verhaltens enthält, beschränkt sich das einfache Arbeitszeugnis auf die reinen Fakten: Art, Dauer und Inhalt deiner Tätigkeit.
Was auf den ersten Blick schlicht wirkt, ist in der Praxis dennoch hochrelevant. Gerade im Bewerbungsprozess oder bei Nachweisen für Behörden kann ein korrekt formuliertes einfaches Arbeitszeugnis entscheidend sein. Außerdem ist es rechtlich bindend und Verstöße gegen die gesetzlichen Anforderungen können sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber Konsequenzen haben.
In diesem Artikel erfährst du, was genau ein einfaches Arbeitszeugnis ist, welche gesetzlichen Regelungen es gibt, welche typischen Fehler häufig gemacht werden und warum dieses Dokument mehr ist als nur eine formale Pflichtübung.
Definition und rechtliche Grundlagen
Die rechtliche Grundlage für das Arbeitszeugnis findest du in § 109 der Gewerbeordnung (GewO). Dort ist festgelegt, dass du am Ende deines Arbeitsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis verlangen kannst. Dieses Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein und darf keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine negative Aussage über dich zu verschleiern.
Das Gesetz unterscheidet dabei zwei Varianten:
Einfaches Arbeitszeugnis:
Enthält nur Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung.
Es beschreibt also, welche Tätigkeiten du ausgeführt hast und wie lange du im Unternehmen gearbeitet hast.
Qualifiziertes Arbeitszeugnis:
Enthält zusätzlich Angaben zu Leistung und Verhalten.
Du hast als Arbeitnehmer grundsätzlich das Recht, ein qualifiziertes Zeugnis zu verlangen, aber auch das einfache Zeugnis kannst du einfordern, wenn du keine Bewertung deiner Arbeit möchtest (zum Beispiel bei einem sehr kurzen Arbeitsverhältnis oder einem eher neutralen Austritt). Wichtig: Du hast diesen Anspruch unabhängig davon, ob du selbst kündigst, gekündigt wirst oder das Arbeitsverhältnis einvernehmlich endet. Auch eine Kündigung in der Probezeit oder ein Aufhebungsvertrag entbindet den Arbeitgeber nicht von der Pflicht, dir ein Zeugnis auszustellen.
Formale Anforderungen
Ein einfaches Arbeitszeugnis muss:
- schriftlich vorliegen (eine E-Mail oder ein PDF reicht nicht aus),
- auf offiziellem Firmenpapier mit Logo oder Briefkopf gedruckt sein,
- Ort, Datum und Unterschrift des Ausstellers enthalten,
- neutral, vollständig und wahrheitsgemäß formuliert sein.
Mündliche Aussagen oder unleserliche Dokumente haben keine rechtliche Gültigkeit.
Unterschiede zum qualifizierten Arbeitszeugnis
Der wohl wichtigste Unterschied liegt im Inhalt.
Ein einfaches Arbeitszeugnis nennt lediglich die Eckdaten:
- Dauer des Arbeitsverhältnisses
- Position und Funktion
- Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ergänzt diese Informationen um:
- eine Leistungsbeurteilung („Herr X erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“)
- und eine Bewertung des Sozialverhaltens gegenüber Kollegen, Vorgesetzten und Kunden.
Während das einfache Zeugnis also eher einer objektiven Tätigkeitsbeschreibung gleicht, ist das qualifizierte Zeugnis eine Bewertung deiner gesamten Arbeitsleistung.
Wann welches Zeugnis sinnvoll ist
Ein einfaches Zeugnis kann sinnvoll sein, wenn:
du nur kurz im Unternehmen beschäftigt warst (z. B. Ferienjob, Praktikum, Aushilfe),
du neutral aussteigen möchtest, ohne eine Leistungsbewertung,
es um Nachweise für Ämter oder Behörden geht, die keine qualitative Einschätzung benötigen.
Ein qualifiziertes Zeugnis empfiehlt sich hingegen, wenn:
du dich aktiv bewerben willst,
du deine Leistungen und Kompetenzen hervorheben möchtest,
du eine positive Referenz für zukünftige Arbeitgeber brauchst.
Beide Varianten haben ihre Berechtigung. Entscheidend ist, welches Ziel du mit dem Zeugnis verfolgst.
Aufbau und Pflichtinhalte
Auch wenn es auf den ersten Blick schlicht wirkt, folgt das einfache Arbeitszeugnis einem klaren Aufbau. Nur so erfüllt es seine rechtliche Funktion und wirkt professionell.
Ein typisches einfaches Arbeitszeugnis besteht aus folgenden Bestandteilen:
Überschrift:
meist schlicht: „Arbeitszeugnis“ oder „Zeugnis“
Einleitung:
enthält Name, Geburtsdatum, Beschäftigungsdauer, Position
Beispiel:
„Frau Maria Beispiel, geboren am 02. Februar 20xx, war vom 1. Mai 20xx bis zum 31. Oktober 20xx als kaufmännische Angestellte in unserem Unternehmen beschäftigt.“
Beschreibung der Tätigkeit:
zentrale Passage des einfachen Zeugnisses / sollte möglichst präzise und vollständig die ausgeübten Tätigkeiten, Verantwortungen und Arbeitsbereiche beschreiben.
Beispiel:
„Zu ihren Aufgaben gehörten die Bearbeitung von Kundenanfragen, die Angebotserstellung, die Pflege von Kundendaten sowie die Unterstützung im Rechnungswesen.“
Schlussteil:
meist nur ein neutraler Abschluss ohne Leistungsbewertung.
Beispiel:
„Das Arbeitsverhältnis endete am 31. Oktober 20xx.“
Ort, Datum, Unterschrift:
zwingend notwendig, um die Echtheit zu bestätigen.
Häufige Fehler und rechtliche Risiken
Viele Arbeitgeber unterschätzen, wie wichtig die Form und Genauigkeit eines Arbeitszeugnisses sind. Schon kleine Fehler können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen oder bei Bewerbungen zu Missverständnissen führen.
Typische Stolperfallen
Fehlende Pflichtangaben:
Ein Zeugnis ohne Beschäftigungszeitraum, ohne Tätigkeitsbeschreibung oder ohne Unterschrift ist nicht rechtsgültig. Arbeitnehmer können in diesem Fall eine Korrektur oder Neuausstellung verlangen.
Unzulässige Formulierungen:
Auch im einfachen Zeugnis dürfen keine versteckten Negativformulierungen stehen. Aussagen wie „Frau Muster war im Bereich Einkauf beschäftigt, soweit es ihr möglich war“ gelten als unzulässig, weil sie eine versteckte Kritik enthalten.
Unvollständige Tätigkeitsbeschreibung:
Ein häufiger Fehler besteht darin, die Aufgaben zu knapp zu beschreiben. Ein Satz wie „Herr Meier war in der Buchhaltung tätig“ ist zu allgemein. Besser: „Herr Meier war für die Kontenabstimmung, Rechnungsprüfung und Vorbereitung des Monatsabschlusses zuständig.“
Falsches Datum:
Das Zeugnisdatum sollte nicht zu weit nach dem tatsächlichen Austrittsdatum liegen, da das in Bewerbungsprozessen Misstrauen erwecken kann.
Praxis und Trends – wie sich das einfache Arbeitszeugnis verändert
Die Digitalisierung hat auch das klassische Arbeitszeugnis längst erreicht. In vielen Unternehmen werden Zeugnisse heute digital erstellt – oft mithilfe von HR-Software oder KI-Tools, die automatisch Textbausteine zusammenstellen. Das spart Zeit, birgt aber Risiken: Ein zu stark standardisiertes Zeugnis kann unpersönlich wirken oder unpassende Formulierungen enthalten. Dennoch setzt sich dieser Trend weiter durch, insbesondere in großen Unternehmen mit hohem Personalwechsel.
Ein weiterer Trend ist die Einführung von elektronischen Zeugnissen mit digitaler Signatur. Sie sind rechtlich gültig, solange sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind. Das wird in Zukunft vermutlich Standard werden, vor allem, wenn Bewerbungen vollständig digital abgewickelt werden.
Auch wenn viele Bewerber heute mit Online-Profilen, Projektportfolios und Empfehlungen punkten, bleibt das Arbeitszeugnis ein formaler Beleg für Berufserfahrung und Kontinuität. Besonders bei Behörden, großen Konzernen und traditionellen Branchen (z. B. Banken, Versicherungen, Verwaltung) ist ein vollständiges Zeugnis weiterhin Pflicht. Ein einfaches Zeugnis kann hier entscheidend sein, wenn es etwa um Beschäftigungsnachweise, Rentenversicherungsfragen oder die Glaubwürdigkeit des Lebenslaufs geht.
Handlungsempfehlungen
Für Arbeitnehmer: So gehst du strategisch vor
- Verlange dein Zeugnis aktiv: Dein Arbeitgeber ist dazu verpflichtet.
- Überprüfe die Angaben sorgfältig: Stimmt der Zeitraum? Sind alle Tätigkeiten vollständig? Ist das Dokument unterschrieben und datiert?
- Korrigiere sachliche Fehler sofort: Du hast Anspruch auf ein richtiges Zeugnis.
- Bewahre das Original gut auf: Zeugnisse sind Teil deiner langfristigen beruflichen Dokumentation.
- Nutze es klug: Auch ein einfaches Zeugnis kann deine Professionalität unterstreichen, wenn es präzise formuliert ist.
Für Arbeitgeber: Worauf du achten solltest
- Halte dich an die gesetzlichen Vorgaben (§ 109 GewO).
- Formuliere neutral, präzise und vollständig.
- Vermeide interpretierbare Aussagen.
- Verwende eine einheitliche Formatierung (Briefkopf, Schrift, Layout).
- Nutze ggf. standardisierte HR-Vorlagen, aber passe sie an die tatsächlichen Tätigkeiten an.
Ein einfaches Arbeitszeugnis ist kein „Zeugnis zweiter Klasse“, sondern ein wichtiger Bestandteil deiner beruflichen Laufbahn. Es belegt deine Erfahrung, dokumentiert deinen Werdegang und dient als offizieller Nachweis deiner Beschäftigung.
Ob du es als Arbeitgeber ausstellst oder als Arbeitnehmer erhältst – achte darauf, dass es korrekt, vollständig und wertschätzend formuliert ist. Denn jedes Zeugnis erzählt eine Geschichte und auch das einfache kann, richtig geschrieben, einen professionellen und respektvollen Eindruck hinterlassen.

